Expertenbeiträge
 
Gemeinsam mehr erreichen - ein Weg zur Optimierung internationaler Zusammenarbeit in der digitalen Wirtschaft
Autor: Joanne Huang
 
Das Zukunftsmodell unserer Geschäftswelt ist die globale digitale Vernetzung: Dies reicht von der Ressourcen-Beschaffung bis hin zur Kundenbetreuung. Da alle Produktions- und Vertriebsketten einwandfrei und selbstständig funktionieren sollen, ist das Ziel die Schaffung einer digitalen Umwelt, in der Maschinen, Programme und Menschen harmonisch miteinander kooperieren. Diese Doppelrolle, in der wir Systembauer und gleichzeitig Bestandteil des Digitalsystems sind, kennzeichnet unsere spezifische Position in dieser neuen Arbeitswelt, denn eine der Herausforderungen bei der Perfektionierung der Digitalwelt ist die Reduzierung menschlicher Fehler. Der Faktor Kultur übernimmt hier eine wichtige Funktion. 2018 fand eine Feldstudie in Deutschland und China statt, bei der länderspezifische Arbeitsmethoden und Denkweisen erfasst wurden. Das Ergebnis zeigt die konkreten Optimierungsstellen bei einer deutsch-chinesischen Zusammenarbeit.


Das Zeitalter der Digitalisierung ist angebrochen. Der Druck auf dem globalisierten Markt verschärft sich. Daher erhöhen internationale Kunden die Anforderung an guten und noch schnelleren Service. Die Projekte werden immer komplexer und das Projektteam mit Partnern aus aller Welt besteht oft nur noch virtuell. Unternehmen streben ununterbrochen nach noch höherer Produktivität und Effektivität.

Bei den Einflussfaktoren werden länderspezifische Arbeitskulturen und Geschäftspraktiken als versteckte Stolpersteine identifiziert, die während der Projektabwicklung unerwartet auftauchen und zusätzliche Kosten verursachen. Genau hier findet sich das Potential zur Optimierung des internationalen Projektmanagements.

2018 wurde dazu in Deutschland, der Schweiz, China, Hongkong und Taiwan eine Untersuchung durchgeführt. Unternehmen und Experten aus der Industrie nahmen daran teil. Vier ausgesuchte Themenfelder , (1) Organisation, (2) Geschäftsprozess, (3) Kommunikation und (4) Konflikt wurden intensiv untersucht. Im Mittelpunkt der Studie steht der Effizienzzuwachs durch Kenntnisse der kulturbedingten Einstellungen und landestypischen Arbeitsweisen im Geschäftsprozess. Wer über Wissen in Bezug auf andere Völker verfügt, ist in der Lage, sich auf deren Denkweisen und Erwartungshaltungen besser einzustellen. Durch den Vergleich der unterschiedlichen Denk- und Handlungsmuster zwischen eigenen und fremden Arbeitskulturen lernen Sie die Ordnungsvorstellungen anderer Länder kennen. Sie entdecken dabei die Annäherungspunkte für eine gute Zusammenarbeit.


Studie: Internatinaler Vergleich länderspezifischer Arbeitsweisen

Fotoquelle: Pixbay.de

Auf der Veranstaltung "6. Tag internationalen Projektmanagements", die am 15.05.2019 in Frankfurt stattfindet, wird diese Studie präsentiert. Das Ergebnis der Studie ist eine Gegenüberstellung länderspezifischer Arbeitsgewohnheiten von Deutschen und Chinesen, unter anderem hinsichtlich der Arbeitsweisen, Arbeitsrhythmen, Prioritäten, Kommunikationsformen und Regulierungen zu Funktionen und Befugnissen. Es werden verschiedene Ordnungsvorstellungen sowie die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln der deutschen und chinesischen Gesellschaft dokumentiert. Mit Hilfe der Grafiken werden für die Zuhörer Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der deutschen und chinesischen Arbeitskultur deutlicher.

Als Beispiel dienen die organisatorischen Konditionen. In der Studie wird untersucht, wie sie das Verhalten der Mitarbeiter beeinflussen (Themenfeld 1 Organisation). Das Ergebnis zeigt, dass deutsche und chinesische Unternehmen eine klassische Organisationsstruktur haben und die Merkmale hierarchischer Strukturen und Funktionsorientierung besitzen (1 von 10 auf der Bewertungsskala). Bei der Umsetzung des Projekts bzw. im Arbeitsalltag schalten die Deutschen jedoch um und arbeiten mehrheitlich prozessorientiert. Die Kommunikation ist abteilungsübergreifend (horizontal) und die Kompetenz hat in der Regel Vorrang vor der Funktion (5 von 10 auf der Bewertungsskala). Die Chinesen hingegen halten bei der Ausführung der Aufgaben unbeirrt an der vorgegebenen Struktur fest und bemühen sich in Konfliktsituationen in erster Linie, die Hierarchie aufrechtzuerhalten (1 von 10 auf der Bewertungsskala). Die geschäftliche Kommunikation weist eine vertikale Struktur auf.

Um den Nachteil der Hierarchie (Themenfeld 1 Organisation) auszugleichen und die starren und zeitaufwendigen Kommunikationskanäle zu umgehen, führen Chinesen eine Art informaler Kommunikation durch (Themenfeld 3 Kommunikation). Lediglich 31 % der geschäftlichen Angelegenheiten werden in China während formaler Treffen diskutiert und dort auch eine Einigung erzielt. In Deutschland hingegen sind es 85 %.


Graphik: Überbrückung der unterschiedlichen Kommunikationsmethoden zwischen Deutschen und Chinesen.
Fotoquelle: Huang+Jaumann


Diese Beispiele zeigen deutlich, dass die strukturellen Rahmenbedingungen unsere Arbeitsgewohnheiten beeinflussen und unser Verhalten bestimmen. Daraus resultiert, dass wir unbewusst unsere Erwartung auf die Partner übertragen in der Annahme, dass sie genauso arbeiten und denken wie wir. Diese selbstverständliche Annahme führt dann zwangsläufig zu einer Fehlkommunikation im Projektalltag und verschärft die Reibungspunkte zwischen den Partnern. Da deckt zum Beispiel ein Partner aus Gewohnheit am "Jour Fixe" alle Karten auf und erwartet ein Ergebnis, das anschließend auf den Tisch kommt. Der andere Partner hingegen verständigt sich lieber vorher oder nachher mit allen Beteiligten. Die Projektmanager und die Mitarbeiter stehen also vor der Herausforderung, solche Unterschiede zu überbrücken.

Das Ziel der Studie besteht darin, zu helfen, unternehmerische und persönliche Potentiale zu identifizieren. Erst dann besteht die Chance, bei der Projektausführung weitere Optimierungsmöglichkeiten zu entdecken sowie die dazu passenden Werkzeuge einzusetzen. Es gibt eine chinesische Weisheit, die besagt: Wer sich und die anderen kennt, erzielt Erfolg.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in GPM-blog.de

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