Expertenbeiträge
 
Geschäftsdiplomatie
Autor: Joanne Huang
 
Geschäftsdiplomatie als Selbstkompetenz

Geschäftsdiplomatie ist Bestandteil des Managements einer Geschäftsbeziehung(1). Die Merkmale des globalen Markts, die Vielfalt von Ländern, Menschen und Kulturen zusammen mit einer Vielzahl von Differenzen tragen nicht dazu bei, Kommunikation und Verständigung zwischen ausländischen Partnern und Schlüsselpersonen einwandfrei sicherzustellen. Zudem ist es für Menschen aus anderen Kulturkreisen schwierig, gewisse kultur- bzw. ländersensible Zonen zu erkennen und passend zu agieren oder zu reagieren. Kommunikationsverlust und interkulturelle Missverständnisse sind Risikofaktoren, die ein gutes Geschäftsverhältnis gefährden können. Eine unbedachte Äußerung oder ein unbeabsichtigter Fauxpas können zu einem späteren Zeitpunkt enorme Konsequenzen zeigen und für das Unternehmen teuer werden. Zur globalen Managementkompetenz gehört daher eine effektive Geschäftsdiplomatie (2), um die zunehmenden Anforderungen der Verwaltung von Kulturen und Menschen in der Geschäftswelt zu meistern.

Beim Management in der internationalen Geschäftsdiplomatie ist es wichtig, neben der Kontaktpflege einen Überblick über relevante Einflussgruppen und deren interpersonelle Verhältnisse zu erhalten, sowie auf Veränderungen des Umfelds zu achten. Niemand ist ein geborener Diplomat, aber jeder von uns kann sich diese Kompetenz nachträglich aneignen. Die Voraussetzungen einer gelungenen Geschäftsdiplomatie sind eine offene Haltung (3) gepaart mit dem Wunsch und Willen zu vermitteln und zu koordinieren. Jeder Erfolg beginnt mit einem ersten kleinen Schritt. Alle Bemühungen, die Sie in diesen ersten Schritt investieren, zahlen sich später aus. Eine geschickte Intervention bei der Geschäftsabwicklung kann dazu führen, die Eskalation eines akuten Konflikts zu verhindern und das Arbeitsverhältnis zwischen den Partnern nachhaltig zu harmonisieren. Ferner ist die diplomatische Kompetenz ein unschätzbarer Bonus bei Notfällen, insbesondere bei unvorhersehbaren Krisensituationen. In solchen Fällen dient sie vor allem zur Schaffung einer Vertrauensbasis. Damit verdient sich ein diplomatisch kompetenter Manager die Berechtigung, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Die Lösung wird dann von den Konfliktparteien akzeptiert. Ein fähiger Diplomat kann die Auflockerung einer angespannten Lage erreichen und dadurch bessere Rahmenbedingungen für Kommunikation und Konsensfindung zwischen den Konfliktparteien schaffen.

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Passende Instrumente

Die Methoden für diplomatische Interventionen sind vielfältig. Es gibt formale Instrumente wie z.B. Gesetze, Standards, branchenübliche Regeln und bestehende Geschäftsstrukturen. Zu den informalen Instrumenten zählen unter anderem Kultur, Werte, Normen, Etikette, Gepflogenheiten und ein bestimmter Verhaltenskodex (3). Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, sind bei der Umsetzung eine scharfe Beobachtungsgabe, Flexibilität und Kreativität äußerst wichtig. Ein allgemein gültiges Handbuch dafür gibt es nicht. Es bleibt dem Manager selbst überlassen, wie er situationsbedingt die richtigen Werkzeuge wirksam anwendet. Persönliche Erfahrung und Fingerspitzengefühl sind hier von großer Bedeutung(5).

In der Konfliktfrühphase sind formale Regelungen durchaus geeignete Mittel. Zu Beginn einer Zusammenarbeit ist die Kooperationsbereitschaft groß und Konflikte entstehen häufig aufgrund von Missverständnissen und fehlerhafter Kommunikation. Es ist relativ einfach, dass sich die Partner auf formalem Weg einigen. In einer späteren Konfliktphase ist die Konzentration auf formale Mittel eher kontraproduktiv, da bereits eine persönliche Meinungsbildung stattfand und nun eine emotionelle Missstimmung dazukommt. Das Symptom hierfür erkennt man an einer geblockten Kommunikation und gesunkener Kooperationsbereitschaft. In einer solchen Situation ist es dringend notwendig, dass sich die Spannung auf richtige Art entlädt und die (Vor-)Urteile abgebaut werden. Um die Gesprächsbereitschaft bei den Partnern wieder herzustellen, eignen sich informale Instrumente als gute Annäherungshilfen, wie beispielsweise das Näherbringen anderer Blickwinkel, kulturbedingter Verständnisformen oder länderspezifischer Gepflogenheiten.

Friedensstifter im Geschäft

Ein Geschäftsdiplomat ist oft kein (alleiniger) Entscheidungsträger, sondern fungiert als Vermittler. Er handelt im Interesse des Unternehmens, muss aber gleichzeitig die anderen Parteien davon überzeugen, dass ihre Interessen von ihm in fairer Art gewahrt werden. Er gilt als Vertrauensperson für alle Beteiligten und verfolgt eine "Win-Win"-Strategie, nämlich einen Kompromiss zu erzielen, mit dem alle Parteien leben können und bei dem sich niemand als Verlierer fühlt. Nur so lässt sich eine erreichte Einigung nachhaltig sichern.


Literatur
(1) Saner, Raymond, "Die Zukunft der Diplomatie" in Enrico Brandt, Christian Buck(hrsg.): "Auswärtiges Amt - Diplomatie als Beruf",2003 Leske + Budrich, Opladen, S.333-339
(2) Ruël, Huub, (Hrsg.) "Commercial diplomacy and international business a conceptual and empirical exploration", Emerald, Bingley/UK, 2012, S. xv-xvii
(3) Ruël, Huub, (Hrsg.) "Commercial diplomacy and international business a conceptual and empirical exploration", Emerald, Bingley/UK, 2012, S. 29-70
(4) The Academy of Management Executive (1993-2005), Vol. 14, No. 1, Themes: Forming Impressions and Giving Feedback (Feb., 2000), pp. 80-92


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